Samstag, 1. Juli 2017

Tierisch

Elche! Also eigentlich noch gestern abend - ich nämlich noch nicht müde....
Da die Sonne immer noch so schön scheint, mache ich mich auf den Weg, etwas von der "Mitternachtssonne" zu sehen. Es ist allerdings erst 22 Uhr, aber die Sonne steht noch ziemlich hoch. Ich weiß, daß Evenskjer ein exponierter Punkt ist, von dem aus ich das Meer nach Norden sehen kann. Hier versinkt die Sonne nicht hinter einem Berg, sondern ich kann sie schön über den Berggipfeln beobachten. Sie wirft ein wunderbares Licht auf das glatte Meer. Mit der Sonne im Rücken fahre ich dann wieder zurück nach Evenes. Das Licht ist phantastisch und unglaublich, man kann es vergleichen mit dem strahlenden Sonnenschein vor dunklen Gewitterwolken.
Von meiner Nebenstraße geht noch ein kleiners, ungeteertes Nebensträßchen, ab. Tårstad ist angeschrieben - ich dachte allerdings, dahin gäbe es nur die eine Straße von Evenes. Ausprobieren - im schlimmsten Fall darf ich halt zurückzockeln. Bereits nach wenigen 100 m kreuzt eine Elchkuh meinen Weg und bleibt auf der Wiese neben direkt neben der Straße stehen. Sie schaut mich gelassen an, selbst als ich den Motor ausmache rennt sie nicht weg. Im Gegenteil, sie beginnt sich zu putzen (wahrscheinlich juckt das im Wechsel befindliche Fell) und fängt dann sogar an zu äsen! Ich hab dummerweise mitten auf der Straße angehalten, so daß das nächste Auto kaum an mir vorbeikommt. Allerdings scheucht es das Elchkalb auf, das sich anscheinend noch neben dem Weg versteckt hatte. So kann ich jetzt ausführlich Mutter und Kind beobachten. So nah und so ruhig habe ich noch nie Elche in freier Wildbahn gesehen! Das Kalb hat einen langen Ziegenbart und die ersten Anzeichen seiner Schaufeln sehen eher wie schrecklich buschige Augenbrauen aus - spannend! Grade als ich losfahren will, entdecke ich die Rücken von 2 weiteren Elchen, die sich in einigen Metern Entfernung in einem Graben herumtreiben. Ist schon faszinierend, wie sich diese riesigen Viecher so unsichtbar machen können!
Auf der offiziellen Norwegenkarte, die ich heute abend noch durchforste sind außer Grundstücksgrenzen und Grenzmarkierungen auch Höhenlinien zu sehen - klar bei einer topografischen Karte. Interessant dabei ist die Fjordtiefe - die reicht tiefer als 500 m. Und bereits wenig von unserem Ufer entfernt sind schon 120 m Tiefe angezeigt. Man darf Kjetil wohl doch vieles nicht glauben.


Spät am heutigen Morgen komme ich erst auf die Baustelle und frage ob ich etwas helfen darf oder kann. Leider nein. Ach doch, ich könnte Material besorgen, Steine Beton und Balkenschuhe (wir haben die falschen). Mach ich doch glatt - endlich mal Abwechslung. In Evenskjer bekomme ich alles und diesmal auch die richtigen Materialien. Gestern hat mein Auto fürchterlich gequietscht und gescheppert und heute gibt es seltsam klappernde Schläge von sich. Ich weiß, dass ich ein Spoilerteil angerissen habe, aber sonst ist nichts zu finden. Das kann es allerdings nicht gewesen sein - muss ich einfach mal weiter aufpassen.
Ich rede mit Mait darüber, dass ich den Aufbau der Hütte gerne filmen würde. Widerwillig erlaubt er es, aber als ich oben auf dem Fels meine Kamera aufbaue widerruft er die Zusage leider.

Die Sonne versteckt sich heute hinter dichten Wolken, aber es ist warm und trocken. Schon fast ein wenig schwül. Daher gibt es heute auch wahnsinnig viele Fliegen und Schnaken.

Auf dem Weg nach oben zu meinem Ausguck finde ich den Schädel eines kleinen Tieres vielleicht ein Marder? Ein Schwan fliegt schnattenrd über dem Wasser nach Westen. Als er etwas später zurückkommt, ist es ein Storch geworden. Ein Storch? Kurz vor Feierabend streicht am Ufer ein Fuchs vorbei. Er bellt, etwa so wie ein Seehund. Mit dem Fernglas kann ich ihn sehr gut beobachten. Er kommt bis fast an die Bootshäuser aber vor der Baustelle kehrt er dann doch um. Ich verliere ihn aus den Augen. Vielleicht zehn Minuten später höre ich in allerdings wieder, im Wald oberhalb von mir auf dem Berg.

Heute ist die Terasse dran. Tauno beplankt sie am Nachmittag ganz fleißig. Als etwa die Hälfte fertiggestellt ist, stellt er einen Fehler an den Stützpfosten fest. Mir ist das zwar schon gestern aufgefallen, aber ich dachte, die Jungs wissen schon was sie tun. Sie haben die Stützpfosten aus 2 bzw. 3 Balken zusammengescharubt. Und einige der Balken haben sie etwas zu lang gemacht, ao dass die Terassenbretter nicht mehr aufgelegt werden können. Nach einigem hin- und her-überlegen und überrascht ausschauen, muss Mait die Stützen wieder abbauen, kürzen und anschrauben. Ist ja aber keine große Arbeit.


Während die Jungs Mittagessen machen, etwa gegen 2 Uhr, kommen Björn und Anneliese mit den Hunden von ihrem Spaziergang zurück. Ich steige von meinem Felsen herab und lasse mich von Ihnen zu einem Kaffee bzw. in meinem Fall zu einem Wasser einladen. Am Anfang versuche ich mit Björn etwas norwegisch zu reden, aber später gehen wir dann doch wieder zum Englisch über. Etwas später kommt ihr Sohn Magnus aus Narvik hinzu, er soll in der nächsten Woche die Hunde hüten. Anneliese liegt M&M's die es aber leider in Norwegen nicht gibt, auch nicht in ihrem kleinen Joker-Supermarkt, den sie in Narvik betreibt. Daher hat ihr Magnus welche aus Schweden mitgebracht; dorthin fahren sie gelegentlich zum einkaufen.
Ich erfahre viel, vor Allem über die Tierwelt. Z.B. über Elche, von Luchsen, die hier ziemlich viele Rentiere gerissen haben, über häufig hier spielende Schweinswale und sogar Orkas hat Björn hier in ca. 600 m Entfernung schon gesehen! Und die Seeadler kann man angeblich mit gefrorenem Fisch anfüttern, so daß sie häufiger hier vorbeikommen.
Zur Wetterlage erhalte ich auch interessante Informationen: genau hier, an unserem Platz, sind die Winter besonders mild. Schneehöhe vielleicht 30-50 cam, während sich bereits hinter der nächsten Bergnase meterhohe Schneewände  auftürmen. Und wenn es in Narvik -30 Grad hat, dann herrschen bei uns grade mal -17 Grad - und das angeblich nur wenige Tage im Jahr.
Ich frage Björn nach den Bewohnern der obersten Hütte und bekomme zurückhaltende Auskunft. Scheint ein etwas eigenbrödlerischer ältere Mann zu sein, der nicht mehr besonders gut gehen kann. Björn und Jan sind auch schon einmal aneinander geraten, als Jan betrunken in seinem Wohnwagen randaliert hat. Aber seit Björn ihm damals die Meinung gesagt hat, ist Ruhe. Darüber freut sich Anneliese!

War ganz schön viel los heute...
Ach ja, die Baustelle: so sieht der Bausatz ausgepackt aber noch nicht aufgebaut aus und das haben die Jungs heute fabriziert:

Ach, und zum guten Schluss - als ich abends nochmal fortgehen will, spaziert das letzte, kapitale Rentier ganz gemütlich durch Nachbar Jardars Garten, am Springbrunnen vorbei, über den englischen Rasen..... 

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